Seitdem der Pflegedienst kommt, ist das Pflegegeld immer erst sehr viel später auf meinem Konto. Auf dem Kontoauszug von Mai steht „Pflegegeld März“ drauf. Woran liegt das? Bisher wurde das Pflegegeld immer pünktlich zum Monatsanfang überwiesen, jetzt warte ich monatelang darauf."
Darum geht es
Wenn zur häuslichen Pflege durch Angehörige zusätzlich auch ein Pflegedienst beauftragt wird, bekommen Pflegebedürftige das Pflegegeld nicht mehr wie gewohnt zum Monatsanfang auf ihr Konto ausgezahlt. Mit Wechsel zu dieser sogenannten Kombinationsleistung geht das Pflegegeld frühestens sechs Wochen später, also Mitte wenn nicht sogar Ende des Folgemonats auf dem Konto ein. Pflegebedürftige müssen nun deutlich länger auf ihr Geld warten, was für viele unverständlich und finanziell schwierig ist.
Diese Regelungen gibt es
Wenn Pflegebedürftige die Versicherungsleistung von Pflegegeld (§ 37 SGB XI) hin zur Kombinationsleistung (§ 38 SGB XI) ändern, so ändert sich der Zeitpunkt der Auszahlung des Pflegegeldes.
Wer ausschließlich Pflegegeld bezieht, erhält dieses von der Pflegekasse zum Monatsanfang (§ 40 Abs. 1 und § 41 SGB I, Urteil Bundessozialgericht vom 25.10.1994 (Az. 3/1 RK 51/93)). Bei der Kombinationsleistung (Pflegegeld und Pflegesachleistung) hingegen wird ein anteiliges Pflegegeld deutlich später überwiesen. Zur Errechnung des anteiligen Pflegegeldes muss erst die Abrechnung durch den Leistungserbringer abgewartet werden.
Das sagt der Pflegewegweiser
Wir erleben immer wieder Ratsuchende, die plötzlich - für sie ohne ersichtlichen Grund - das Pflegegeld deutlich später ausgezahlt bekommen, als sie es bisher gewohnt waren. Vielen Betroffenen ist der Zusammenhang zwischen beantragter/genutzter Leistung und dem Auszahlungszeitpunk nicht klar.
Grund für die spätere Auszahlung des anteiligen Pflegegeldes ist das Abrechnungsprozedere zwischen Pflegedienst und Pflegekasse. Der Pflegedienst rechnet seine Leistungen monatlich mit der Pflegekasse ab. Die Pflegekasse prüft dann, ob das Budget für diese Pflegesachleistungen voll ausgeschöpft wurde. Ist das nicht der Fall, wird der offene Betrag (prozentual) als Pflegegeld ausgezahlt.
Die Pflegekasse kann also das anteilige Pflegegeld immer erst dann überweisen, wenn bekannt ist, was an Leistungen genutzt wurde und wie viel Pflegegeld am Ende des Monats noch übrig bleibt. Diese Prüf- und Arbeitsvorgänge können einige Wochen dauern.
Auskunft über den aktuellen Bearbeitungsstand können Sie stets bei Ihrer Pflegekasse erfragen.
Expertenmeinung
Guido Sievert, Qualitätsbeauftragter eines Pflegedienstes
"Die Abrechnung eines Pflegedienstes ist komplex und beinhaltet mehrere aufeinander folgende Arbeitsschritte.
- Zuerst muss der Pflegedienst alle erbrachten Leistungen korrekt erfassen.
- Im Anschluss gehen sogenannte Leistungsnachweise an die Pflegebedürftigen zur Kontrolle. Das können durchaus weit über 200 Kunden sein. Allein dieser Schritt kann bis zu drei Wochen dauern, da nicht alle Pflegebedürftigen wöchentlich angefahren werden.
- Wenn dann alle Leistungsnachweise wieder beim Pflegedienst angekommen sind, müssen diese nach den einzelnen Kassen sortiert und auf ihre Vollständigkeit überprüft werden. Erst dann kann die eigentliche Abrechnung mit den Kassen beginnen. Bis die Abrechnung vom Pflegedienst bei den Kassen eingeht, kann es also durchaus schon bis zu vier Wochen dauern.
- Und dann geht der gleiche Prozess bei den Pflegekassen mit Prüfung der Budgets und der Berechnung des anteiligen Pflegegeldes los.
Wichtig ist es, bei einem Wechsel von "Pflegegeld" auf "Kombinationsleistungen" über diese Verzögerung zu informieren. Gerade die Zeit vom letzten Pflegegeld bis zur Auszahlung des anteiligen Pflegegeldes kann schon mal zwei bis drei Monate betragen. Im April hat Hermann Müller noch das Pflegegeld zum 01.04. bekommen. Dann stellt er im Mai auf Kombinationsleistungen um und bekommt im besten Fall Ende Juni das anteilige Pflegegeld. Das ist schon eine lange Zeit, wenn man bedenkt, dass viele auf das Geld im Alltag angewiesen sind. Da sind Pflegekassen, Pflegedienste und Beratungsstellen in der Pflicht, gut aufzuklären."
