Bild: Nahaufnahme eines Tisches mit Resten darauf.
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Frage des Monats - November '23

Verwahrlosung, Isolation, Hilflosigkeit – Wer hilft weiter?

  • Jeder Mensch darf sein Leben selbstständig gestalten und leben, auch in einem für Außenstehende nicht nachvollziehbaren Stil
  • In Problem- und Krisensituationen hilft der Sozialpsychiatrische Dienst
  • Der Sozialpsychiatrische Dienst ist beim Gesundheitsamt angedockt und Ansprechpartner für Betroffene und deren soziales Umfeld
Portrait einer jungen Frau mit langen, offenen Haaren, die in die Kamera lacht

Ein älteres Ehepaar aus unserer Nachbarschaft verwahrlost zunehmend. Die Wohnung und sie selbst riechen bereits stark, was unangenehm auffällt. Die Wohnung verlassen sie selten, höchstens mal für einen Einkauf. Beide wirken überfordert und ziehen sich schnell zurück. Man hat den Eindruck, sie meiden Kontakte. Leider lehnen die beiden jegliche Hilfe von uns Nachbarn ab. Angehörige gibt es nicht. Wer könnte helfen? Es muss ja nicht erst was Schlimmes passieren.“

Monique C. aus Mühlheim


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Darum geht es

Selbstvernachlässigung, Rückzug und keine Angehörigen, die unterstützen. Menschen, die auf sich alleine gestellt sind, aber erkennbar Probleme bei der Bewältigung des Alltags haben, geben Außenstehenden Grund zur Sorge. Vor allem dann, wenn die Betroffenen jegliche Hilfe ablehnen. Eins ist klar: Jeder Mensch darf ein selbstbestimmtes Leben führen, auch wenn andere es nicht für wünschenswert halten. Und auch eine Wohnung ist ein geschützter, privater Raum. Verschiedene Hilfen durch unterschiedliche Stellen kommen vielleicht in Frage, aber welche ist die Richtige?


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Rechtliche Grundlagen

Die allgemeine Handlungsfreiheit und der besondere Schutz der eigenen Wohnung sind im Grundgesetz verankert (Artikel 2, 13 GG). Nur in besonderen Fällen und/oder Notfällen darf gegen dieses Recht „verstoßen“ werden.

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) leistet einen wichtigen Beitrag in den Bereichen Prävention, Gesundheitsförderung und Gesundheitsschutz. Für die Durchführung dieser Aufgaben sind die kommunalen Gesundheitsämter verantwortlich. Sie beraten und unterstützten Personen, die wegen ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes und auf Grund sozialer Umstände besonderer gesundheitlicher Fürsorge bedürfen (§ 14 ÖGDG NRW). Hier angegliedert befindet sich der Sozialpsychiatrische Dienst (SPDi), der psychisch Kranken und deren Angehörigen unkompliziert Hilfe anbietet. Wie der SPDi in besonderen Situationen agieren darf und kann, ist auf Landesebene im Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) geregelt (§ 16 ÖGDG NRW).


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Das sagt der Pflegewegweiser

Gründe für Selbstvernachlässigung können sein: Pflegebedürftigkeit und damit verbundene Schamgefühle, chronische Erkrankungen, Medikamenten- oder Alkoholmissbrauch oder auch psychische Erkrankungen wie eine (Alters-)Depression. Als Außenstehende:r bemerkt man vielleicht Verwirrtheit, sozialen Rückzug, Verwahrlosung, mangelnde körperliche Hygiene und eine Veränderung im zwischenmenschlichen Miteinander. Hilfreich ist hier eine Kontaktaufnahme zum örtlichen Sozialpsychiatrischen Dienst (SPDi). Die Mitarbeiter:Innen des SPDi sind auf diese Fälle spezialisiert und können Ihnen und den Betroffenen professionell weiterhelfen. Der Sozialpsychiatrische Dienst ist ein kostenloses und leicht zugängliches Angebot.

Welcher SPDi in Ihrer Nähe Ansprechpartner ist, können Sie bei Ihrem zuständigen Gesundheitsamt erfragen. Adressen finden Sie beim Robert-Koch-Institut.
 

+Tipp: Wenn Sie Hilfe bei Ihrer Suche nach einem SPDi brauchen, können Sie sich auch an den Pflegewegweiser NRW wenden: Telefonisch sind wir für Sie Mo, Di, Mi, Fr von 9 - 12 Uhr und Do von 14 - 17 Uhr erreichbar.

 

! Wichtig: Sollte ein Notfall eintreten, bitte immer und unverzüglich den Notruf wählen: Polizei 110 oder Feuerwehr und Rettungsdienst 112


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Expertenmeinung

Frau Kügler, Abteilungsleiterin Sozialpsychiatrischer Dienst im Referat Gesundheit in Gelsenkirchen

Eine wichtige Aufgabe des SPDi stellt die niederschwellige Beratung und Begleitung dar. Diese richtet sich an Menschen mit psychiatrischen Problemen und Suchtproblemen behandlungsbedürftiger Schwere. Wir begleiten aber auch Angehörige und das soziale Umfeld.

Werden wir von Dritten, beispielsweise Nachbarn, kontaktiert und auf Problemlagen hingewiesen, werden wir aktiv. Den SPDi kann man i.d.R. telefonisch oder in Beratungsstellen persönlich erreichen. Das Ziel ist es den Betroffenen eine angemessene Hilfe zukommen zu lassen.

Im geschilderten Fall könnte die Kontaktaufnahme über einen angekündigten/unangekündigter Hausbesuch erfolgen. Ist der erste Versuch einer Kontaktaufnahme erfolglos, bleiben wir – mit freundlicher Aufdringlichkeit – am Ball. Ein Mittel, das wir zum Beispiel in Kooperation mit der Tafel nutzen, ist die sogenannte „Türöffner-Tüte“. Dabei handelt es sich um eine mit Lebensmitteln oder anderen Sachen für den täglichen Bedarf gefüllte Tüte, die wir an der Tür der Betroffenen hinterlassen mit einer Nachricht von uns.

Ein Erstbesuch erfolgt in der Regel durch zwei Sozialarbeiter:Innen, eine Ärztin kann bei Bedarf mit hinzugezogen werden. Vorteil eines Hausbesuches ist, dass man einen guten Gesamteindruck erhält. Im Kontakt zu den Betroffenen wird geschaut, welche Probleme vorhanden sind. Liegt eine psychische Krankheit vor, die behandlungsbedürftig ist, bleibt der SPDi weiterhin der Ansprechpartner. Liegt hingegen keine Behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vor, ist für die weitere Begleitung und Beratung der Allgemeine Sozialdienst der Stadt Ansprechpartner.

Unabhängig davon, ob eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vorliegt oder nicht: Zeigt sich, dass Betroffene in einzelnen Bereichen ihres Lebens notwendige Entscheidungen nicht mehr adäquat treffen können, kann eine gesetzliche Betreuung angeregt werden, dies aber immer in Absprache mit der Betreuungsbehörde.

Fazit: Es ist nie falsch, sich an den SPDi zu wenden! Dieser steht immer in Problem- und/oder Krisensituationen als Ansprechpartner zur Seite und hilft weiter.

! Wichtig zu wissen:
Es gibt Unterschiede in Ausstattung, Struktur und den Angeboten der Sozialpsychiatrischen Dienste bundes- wie landesweit. Unabhängig davon haben die Mitarbeiter der Sozialpsychiatrischen Dienste i.d.R. Kenntnis über die Angebote der regionalen psychosozialen Hilfen, umfangreiche Erfahrung im Umgang mit psychisch kranken Menschen und Erfahrung in Krisenintervention.

 

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