Meine Mutter (83 Jahre) ist Anfang des Jahres schwer gestürzt und seither pflegebedürftig. Damals habe ich mir 5 Tage von der Arbeit frei genommen, um die Pflege Zuhause zu organisieren. Von der Pflegekasse habe ich Lohnersatz bekommen. Jetzt schaffe ich das mit der Pflege aber nicht mehr alleine und ich suche verzweifelt nach einem Heimplatz für sie. Für die ganze Telefoniererei und Bürokratie will ich nochmal 5 Tage Pflegeauszeit nehmen. Ich habe die Pflegekasse angerufen, aber diesmal will sie mir keine Lohnersatzleistung zahlen. Warum nicht?"
Darum geht es
Pflegebedürftigkeit entsteht oft ganz plötzlich. Ein Sturz, ein Unfall oder ein Schlaganfall – von einer Minute auf die andere sind Menschen auf ärztliche Hilfe und pflegerische Versorgung angewiesen. Nach einem Klinik-Aufenthalt müssen Angehörige kurzfristig eine häusliche Pflege oder die Unterbringung in einem Pflegeheim organisieren. Berufstätige Angehörige fragen sich dann: Wie schaffe ich es, das alles zu organisieren? Gibt es so etwas wie kurzfristigen Sonderurlaub für pflegende Angehörige? Wer bezahlt mir meinen Lohnausfall? In einer solchen Akutsituation steht Ihnen sowohl eine Befreiung von der Arbeit als auch ein Lohnausgleich durch die Pflegeversicherung zu. Wir klären, an welche Voraussetzungen die Ansprüche jeweils geknüpft sind und warum Pflegeunterstützungsgeld regelhaft nur einmal ausgezahlt wird.
Rechtliche Grundlage
Die §§2 und 7 Pflegezeitgesetz (PflegeZG) begründen den Anspruch der Beschäftigten auf die kurzzeitige Arbeitsverhinderung gegenüber dem Arbeitgeber, die Voraussetzungen sowie ggf. die Fortzahlung der Vergütung.
§44a (3) SGB XI definiert den zusätzlichen Anspruch auf einen Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt gegenüber der Pflegeversicherung (Pflegeunterstützungsgeld).
§ 14 SGB XI definiert den Begriff der Pflegebedürftigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuches 11.
Das sagt der Pflegewegweiser
Beschäftigte haben das Recht, in einer akut aufgetretenen Pflegesituation der Arbeit kurzfristig bis zu 10 Tagen fernzubleiben, um einen Angehörigen zu pflegen oder eine Pflege zu organisieren. Dazu müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- es gibt ein Beschäftigungsverhältnis (Arbeitnehmer, Auszubildende, Heimarbeiter)
- es handelt sich um einen nahen Angehörigen (z. B. Eltern, Eheleute, Kinder)
- der/die Angehörige ist (voraussichtlich) pflegebedürftig
- die Pflegesituation muss plötzlich und unerwartet eingetreten sein
- die Pflege muss vom Beschäftigten organisiert werden oder er pflegt selbst.
Was gilt als „akute Pflegesituation“?
- Die Pflegebedürftigkeit tritt plötzlich ein
- Die Versorgung nach einem Krankenhausaufenthalt muss gesichert werden
- Die Pflegebedürftigkeit verschlechtert sich plötzlich
Was gilt nicht als „akute Pflegesituation“?
- Die stationäre Pflegeeinrichtung wird gewechselt
- Die Pflegekraft fällt unerwartet aus (Verhinderungspflege)
- Die pflegebedürftige Person erkrankt oder muss zum Arzt
Beschäftigte haben ihrem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen, ab wann und für welche Zeit sie voraussichtlich der Arbeit fernbleiben. Auch der Name des Angehörigen muss angegeben werden. Ein ärztliches Attest ist zwar nur auf Anforderung des Arbeitgebers einzureichen, wird aber später für die Pflegekasse benötigt. Teilen sich mehrere Pflegepersonen die Versorgung, können die insgesamt bis zu 10 Arbeitstage auch auf mehrere Personen verteilt werden.
Wird der Lohn während dieser Zeit nicht vom Arbeitgeber weitergezahlt, können Angehörige Pflegeunterstützungsgeld (PUG) von der Pflegeversicherung bekommen. Dies beträgt in der Regel 90 Prozent vom Nettolohn. Pflegeunterstützungsgeld gibt es für gesetzlich und privat Versicherte, es muss jedoch beantragt werden.
+Tipp: Die Pflegekassen verlangen in der Regel ein ärztliches Attest und bieten Vordrucke dazu an. Die Kassen verzichten dann auf ein ärztliches Attest, wenn aus den vorhandenen Unterlagen ersichtlich wird, dass eine akute Pflegesituation vorliegt und für welchen Zeitraum.
Das PUG wird von der Pflegekasse oder der privaten Pflegeversicherung des gepflegten Angehörigen gezahlt und ist dort zu beantragen. Um Pflegeunterstützungsgeld zu erhalten, müssen Sie folgende Formulare vorlegen:
- von Ihnen ausgefüllter Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld
- ärztliche Bescheinigung, die den Hilfebedarf sowie die akute Notsituation des Pflegebedürftigen bestätigen
- Verdienstausfallbescheinigung Ihres Arbeitsgebers
+Tipp: Beantragen Sie das Pflegeunterstützungsgeld so schnell wie möglich bei der Pflegeversicherung Ihres Angehörigen. Diese berät und unterstützt beim Ausfüllen des Antrags. Bitte klären Sie vorher mit der Pflegekasse ab, ob ein Anspruch auf PUG besteht. Nicht dass es zu einem Verdienstausfall kommt, der nachher nicht "ersetzt" wird. Beratung finden Sie auch in Ihren örtlichen Pflegeberatungsstellen oder Pflegestützpunkten.
+Hinweis: Das neue Pflegeunterstützungs- und entlastungsgesetz (PUEG) sieht vor, dass das Pflegeunterstützungsgeld ab 2024 jährlich pro pflegebedürftiger Person geltend gemacht werden kann.