Mein Vater ist zunehmend pflegebedürftig. Meine Schwester und ich, beide berufstätig, können die Betreuung, auch mit Hilfe unseres Pflegedienstes, nicht mehr stemmen. Unser Vater braucht ständig jemanden um sich, darum möchten wir gerne eine 24 Stunden Kraft engagieren. Jetzt fragen wir uns: Beteiligt sich die Pflegekasse an den Kosten für eine solche Kraft?"
Darum geht's:
Viele Pflegebedürftige möchten möglichst lange im eigenen zu Hause verbleiben. Mit wachsendem Pflegebedarf reichen die Unterstützungsangebote oft nicht mehr aus. Pflegende Angehörige geraten bei allem guten Willen an ihre körperlichen und emotionalen Belastungsgrenzen. Eine ausländische Haushalts- und Betreuungskraft (kurz: aHBK), die mit im Haus lebt, ist eine Möglichkeit, die häusliche Betreuung möglichst lange und zufriedenstellend sicherzustellen. Unklar ist jedoch, welche Leistungen der Pflegeversicherung für die Finanzierung genutzt werden können und ob es andere finanzielle Entlastungen gibt.
Gesetzliche Grundlage:
Wer Pflegebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches ist (SGB XI § 14), hat Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung (SBG XI § 28 und § 28a). Spezielle Leistungen für eine aHBK sind dabei nicht vorgesehen.
Der Begriff „Ausländische Haushalt- und Betreuungskraft“ ist gesetzlich nicht definiert. Wichtig ist jedoch, dass einer aHBK immer mindestens der Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (§ 1 MiLoG) bezahlt werden muss.
Das sagt der Pflegewegweiser
Um eine ausländische Kraft zu beschäftigen, gibt es grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten einer Anstellung. Aber egal wie eine aHBK angestellt wird - man muss immer mit monatlichen Kosten von 2.500€ bis über 3.000€ rechnen. Ist ein Pflegegrad festgestellt, kann das Pflegegeld ab Pflegegrad 2 für die Finanzierung einer aHBK genutzt werden. Sonstige Leistungen, die speziell dieses Betreuungsmodell berücksichtigen, gibt es darüber hinaus nicht. Wie andere Leistungen der Pflegeversicherung unter Umständen herangezogen werden können, das erklärt unsere Expertin.
Wichtig ist, dass eine aHBK als Teil des Pflegesettings betrachtet werden muss. Das heißt: diese Kraft kann die Versorgung nie alleine übernehmen, sondern muss immer von Angehörigen, Freunden und ambulanten Diensten ergänzt werden.
+Tipp: Einen Überblick zum Thema aHBK bietet die Broschüre „Ausländische Haushalts- und Betreuungskräfte in Privathaushalten“. Darüber hinaus berät das kostenlose Beratungstelefon des Pflegewegweisers NRW: 0211 3809400 montags von 14.00 bis 16.30 Uhr und mittwochs von 10.00 bis 12.00 und 14.00 bis 16.30 Uhr. Wie Sie mit den Leistungen der Pflegeversicherung die Pflege organisieren können, dazu beraten örtliche Pflegeberatungsstellen.
Expertenmeinung
Ellen Tenkamp, Pflegereferentin des Pflegewegweisers NRW
Die Beschäftigung einer ausländischen Haushalts- und Betreuungskraft (aHBK) muss immer privat finanziert werden. Sie können zur Bewältigung der hohen finanziellen Belastung durch die Beschäftigung einer aHBK aber manche Leistungen der Pflegeversicherung heranziehen.
Ab Pflegegrad 2 steht Ihnen das Pflegegeld zur Verfügung. Beachten Sie, dass sich bei zusätzlicher Inanspruchnahme eines ambulanten Pflegedienstes (als Kombinationsleistung) das Pflegegeld anteilig verringert.
Reichen Ihre persönlichen Mittel und das Pflegegeld für die Finanzierung nicht aus, können Sie beim Sozialamt „Hilfe zur Pflege“ gemäß §§ 63 ff, SGB XII beantragen. In welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen sich das Sozialamt an den Pflegekosten beteiligt, können Sie in einem Text der Verbraucherzentrale NRW (siehe unten) nachlesen.
Der Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich kann nur für anerkannte Angebote oder für die Nachbarschaftshilfe abgerechnet werden, aber nicht für eine ausländische Betreuungskraft.
Die Verhinderungspflege ab Pflegegrad 2 kann durch Dritte entweder tageweise bis zu 6 Wochen (42 Tage) im Kalenderjahr oder stundenweise (bis zu 8h/Tag) genutzt werden.
Haben Sie eine aHBK bereits beschäftigt, kann für diese keine tageweise Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden. Grund: Die bereits im Haushalt wohnende aHBK wird von der Rechtsprechung als Bestandteil des bestehenden Pflegesettings angesehen und gleicht somit keinen akuten Ausfall der Pflegeperson aus. Viele Pflegeversicherungen akzeptieren aber zumindest im ersten Jahr eine eingereichte Rechnung für bis zu sechs Wochen. Denn vor der Entscheidung, eine aHBK dauerhaft zu engagieren, steht die Erkenntnis der Pflegeperson: „Ich schaffe das nicht mehr, ich bin akut überlastet und brauche eine Auszeit!“ – Daher: Sprechen Sie mit der Pflegeversicherung.
Dagegen kann die stundenweise Verhinderungspflege für eine aHBK abgerechnet werden. Wichtig: Dafür müssen unbedingt die Kosten für die reguläre Betreuung und die zusätzlich stattfindende stundenweise Verhinderungsleistung durch die aHBK separat ausgewiesen werden! Zudem darf selbstverständlich die Höchstarbeitszeit von 48 Stunden bei einer sechs Tage Woche nicht überschritten werden.
Gut zu wissen ist: Bei der stundenweisen Verhinderungspflege bleibt das Pflegegeld ungeschmälert erhalten, bei der tageweisen wird es anteilig gekürzt.
+Tipp: Besprechen Sie steuerrechtliche Erleichterungen mit einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater. Mögliche Erleichterungen können unter Anderem durch haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a EstG, außergewöhnliche Belastung nach § 33 Einkommensteuer Gesetz und den Pflegepauschbetrag geltend gemacht werden.