Was ist mit aktivierender Pflege gemeint?
Bei einer rein versorgenden Pflege wird der pflegebedürftigen Person eine Art Vollversorgung angeboten. Durch falsch verstandene Hilfsbereitschaft nehmen Pflegende ihr Aufgaben ab, die sie mit etwas Unterstützung auch selbst bewältigen könnte: Sie wird gewaschen, bekommt Kleidung an- und ausgezogen, ihr wird Essen vorgesetzt und sie wird im Rollstuhl gefahren. Die Person selbst bleibt dabei größtenteils passiv. Das kann zur Folge haben, dass sie mit der Zeit immer unselbstständiger wird und körperlich und geistig abbaut. Der Bedarf an Pflege nimmt dadurch weiter zu.
Die aktivierende Pflege verfolgt einen anderen Ansatz. Sie zielt darauf ab, vorhandene Fähigkeiten und Ressourcen zu fördern. Der wichtigste Grundsatz ist, die pflegebedürftige Person in möglichst viele Handlungen einzubeziehen und sie – soweit es der Gesundheitszustand erlaubt – selbst aktiv mithelfen zu lassen. Für Pflegende bedeutet das: Sie sollen nicht für einen anderen Menschen handeln, sondern mit ihm zusammen. Die pflegebedürftige Person wird aktiv in Entscheidungen einbezogen und ermutigt, sich mit eigenen Ideen und Wünschen einzubringen.
Welche Probleme gehen mit einer aktivierenden Pflege einher?
Eine aktivierende Pflege bedeutet zunächst mehr Aufwand. Es geht deutlich schneller, einem anderen Menschen eine Bluse anzuziehen als ihn dabei anzuleiten, die Knöpfe selbst zu schließen. Darin liegt eine große Versuchung, Aufgaben eben doch schnell selbst zu machen. Hinzu kommt, dass Pflegebedürftige am Anfang schnell frustriert sein können. Sie merken, dass ihnen eine Aufgabe nicht gelingt und hadern mit den eigenen Schwächen. Pflegende brauchen in solchen Momenten viel Feingefühl. Sie müssen motivieren und immer wieder erklären, warum es wichtig ist, weiter zu üben. Aktivierende Pflege darf aber nicht überfordern und in Bevormundung und Zwang enden.
Wie kann ich mich auf eine aktivierende Pflege vorbereiten?
Aktivierende Pflege setzt voraus, dass man bei allen Tätigkeiten überlegt, was die pflegebedürftige Person noch selbstständig erledigen kann, und sie dann entsprechend ihrem Bedarf dabei unterstützt. Das ist manchmal gar nicht so einfach.
- Sprechen Sie zunächst mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin, welche körperlichen Einschränkungen die pflegebedürftige Person hat und welche Signale auf eine Überforderung hindeuten.
- Bitten Sie bei der Pflegekasse um eine individuelle häusliche Schulung und lassen Sie sich von den Pflegeprofis erklären, wie Sie bei einer aktivierenden Pflege am besten vorgehen.
- Besuchen Sie einen Pflegekurs, um dort Handgriffe und Anleitungen praktisch zu üben.
Wie sieht eine aktivierende Pflege im Alltag aus?
Aktivierende Pflege kann in nahezu jeden Bereich des Alltags integriert werden. Alles, was anregt, interessiert und mobilisiert, fördert den pflegebedürftigen Menschen in seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten. Einige Beispiele:
- Motivieren Sie Ihren Angehörigen dazu, sich mindestens einmal täglich zu bewegen: Gehen Sie ein paar Schritte, leeren Sie gemeinsam den Briefkasten, decken Sie zusammen den Tisch. Sprechen Sie mit dem Arzt über eine geeignete Gehhilfe und üben Sie das Gehen am Rollator oder mit Krücken.
- Erledigen Sie Alltagsarbeiten möglichst oft gemeinsam: Gemüse schneiden, Plätzchen ausstechen, Kopfkissen ausschütteln, Blumen gießen.
- Gehen Sie in den Garten und sprechen Sie über Blumen und Tiere. Bepflanzen Sie gemeinsam Blumenkübel oder füttern Sie die Vögel.
- Suchen Sie im Internet nach „Stuhl-Gymnastik“ und üben Sie gemeinsam.
- Lassen Sie Ihren Angehörigen in seinem eigenen Tempo selbstständig essen und trinken. Machen Sie bei Bedarf die einzelnen Bewegungen vor. Spezielles Besteck oder Geschirr kann das selbstständige Essen erleichtern. Fragen Sie in einem Sanitätshaus oder einer Apotheke nach geeigneten Hilfsmitteln. Die Pflegeversicherung beteiligt sich an den Kosten.
- Stellen Sie alle benötigten Utensilien für die Körperpflege oder den Toilettengang bereit. Ihr Angehöriger sollte sich nach Möglichkeit selbst waschen und eigenständig die Zähne putzen. Wenn eine Handlung zu schwierig ist, bietet es sich an, sie in Einzelschritte zu unterteilen. Pflegeprofis können Ihnen erklären, wie das funktioniert.
- Lassen Sie Ihren Angehörigen immer selbst auswählen, welche Kleidung er tragen möchte, und respektieren Sie die Auswahl. Helfen Sie beim An- und Ausziehen nur soweit wie nötig. Knöpfe schließen und Schuhe binden, fördert die Feinmotorik.
- Vorlesen, Memory-Spiele, Puzzle und Gedächtnisübungen fördern die Konzentration und Merkfähigkeit.
- Bringen Sie in der Wohnung Orientierungshilfen an, damit Ihr Angehöriger sich selbst zurechtfinden kann. Kalender und Uhr sollten groß genug sein, um sie gut lesen zu können.
- Zeigen Sie Interesse und Empathie, hören Sie zu und bleiben Sie geduldig. Das kann sehr schwierig sein. Wenn Sie merken, dass Sie selbst dünnhäutig und ungeduldig werden, sollten Sie eine Auszeit nehmen.
+Tipp: Das Zentrum für Qualität in der Pflege hat in ihrer Broschüre zur Körperpflege Tipps für eine aktivierende Pflege zusammengestellt. Sie kann hier kostenlos heruntergeladen werden: Ratgeber-Koerperpflege [externer Link].
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft gibt in der Broschüre „Miteinander Aktiv“ Anregungen, wie der Alltag mit Demenzkranken gestaltet werden kann. Diese und viele andere Broschüren können hier bestellt werden: Bestellung Broschüre [externer Link]