Ich suche für meine Mutter ein Pflegeheim, weil sie zu Hause nicht mehr alleine leben kann. Das Heim wird meine Mutter nicht lange bezahlen können von ihrer kleinen Rente und den Ersparnissen. Sie hat aktuell noch 15.000 Euro auf dem Konto. Ich habe gelesen, dass es ein Schonvermögen von 10.000 Euro gibt. Kann meine Mutter die Hilfe zur Pflege jetzt schon beantragen? Bis der Antrag durch ist, dauert es bestimmt etwas. Bis dahin sind die Ersparnisse wegen der Kosten fürs Heim bestimmt schon bis zum Schonvermögen aufgebraucht."
Leona R., aus Bocholt
Darum geht's
Steht der Umzug in ein Pflegeheim an, ergeben sich Kosten von mehreren tausend Euro pro Monat. Wer im Heim lebt, muss den sogenannten Eigenanteil selber tragen. Das sind in NRW durchschnittlich 2.892 Euro im Monat (bei Heim-Einzug, Stand 2024). Das können viele nicht bezahlen. Auch vorhandenes Vermögen ist mit zunehmender Heimdauer irgendwann aufgebraucht. Dann kann Hilfe zur Pflege als Sozialhilfeleistung für die Deckung der Heimkosten beantragt werden. Jeder Heimbewohnerin und jedem Heimbewohner bleibt jedoch ein sogenanntes Schonvermögen, das nicht eingesetzt werden muss.
Viele Betroffene fragen sich, zu welchem Zeitpunkt sie den Antrag auf Sozialhilfe (Hilfe zur Pflege) stellen sollten. Sie möchten das Schonvermögen schützen und es nicht schon zur Bezahlung der Heimkosten verwendet haben.
Rechtliche Grundlagen
Die sogenannte Hilfe zur Pflege ist eine Sozialhilfeleistung nach dem 7. Kapitel des SGB XII (§§ 61 bis § 66a). Sie wird unter anderem auch für die vollstationäre Pflege im Heim gewährt. Es gelten folgende Voraussetzungen:
- Es liegt Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 vor.
- Die Notwendigkeit zur Heimunterbringung muss gegeben sein (d.h.: ambulante Pflege reicht nicht mehr aus).
- Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des SGB XII reichen zur Deckung der Heimkosten nicht aus.
- Auch finanzielle Leistungen anderer Stellen wie zum Beispiel der Pflegeversicherung sind nicht ausreichend.
Das Schonvermögen nach dem SGB XII beträgt 10.000 Euro für Einzelpersonen und 20.000 Euro für Ehe- und Lebenspartner (§§ 90, 91 SGB XII und Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII).
Das sagt der Pflegewegweiser NRW
Wer die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, kann Hilfe zur Pflege bei seinem zuständigen Sozialamt beantragen.
Ob wirklich ein Anspruch besteht wird in einem ausführlichen Antrag geprüft. Hierfür müssen Auskünfte über die aktuellen Lebens- sowie Einkommens-/ Vermögensverhältnisse erteilt werden. Dem Antrag werden verschiedene Nachweise (stets als Kopie!) beigefügt, z.B. Kontoauszüge, Mietvertrag, Bescheide über Wohngeld, Pflegegrad usw. Auch eine sogenannte Heimnotwendigkeitsbescheinigung bei den Pflegegraden 2 und 3, die der Medizinische Dienst ausstellt, muss dem Sozialamt vorgelegt werden. Häufig müssen die erforderlichen Nachweise erst noch bei zuständigen Stellen wie z.B. Ärzt:innen oder Behörden angefordert werden. Deshalb ist es wichtig, sich frühzeitig um den Antrag auf Hilfe zur Pflege zu kümmern.
+Tipp: Planen Sie allein für das Zusammentragen aller Unterlagen unbedingt ein bis zwei Monate ein.
Um zu wissen, was genau alles für den Antrag benötigt wird, nutzen Sie die kostenlose Beratung beim Sozialamt. Dort können Sie sich über die Voraussetzungen für Hilfe zur Pflege informieren und bekommen das Antragsformular.
Hinweis: Sozialleistungsträger haben gegenüber den Bürgern umfassende Aufklärungs-, Auskunfts- und Beratungspflichten. Sie müssen Betroffene auf deren Rechte und Pflichten hinweisen, indem sie sachgemäß, zutreffend informieren und ausführlich beraten (gemäß § 11 SGB XII).
!Wichtig: Hilfe zur Pflege wird nicht rückwirkend, sondern erst ab Antrag bezahlt. Wenn beispielsweise vor dem Antrag beim Sozialamt schon Kosten, z.B. aus Schonvermögen der pflegebedürftigen Person gedeckt wurden, werden diese nicht erstattet.
+Tipp: Für die Suche nach einem Heimplatz in Ihrer Nähe, schauen Sie gerne beim Heimfinder NRW [Externer Link] nach, oder kontaktieren Sie eine kostenlose Pflegeberatungsstelle bei Ihnen vor Ort.
Expertenmeinung
Sachgebietsleitung Vollstationäre Hilfe, Amt für Soziales, Arbeit und Senioren der Stadt Köln
Sozialhilfe funktioniert nach dem Bedarfsdeckungsprinzip. Das heißt: Das Sozialamt übernimmt nur Kosten, die von der bedürftigen Person nicht selbst bezahlt werden können. Bezahlte Rechnungen - auch wenn dabei die Schonvermögensgrenze unterschritten wird - werden vom Sozialamt nicht erstattet, sondern nur offene Rechnungen (ungedeckte Kosten). Die Übernahme von Schulden ist grundsätzlich ausgeschlossen.
+Tipp: Was tun, wenn das Heim dazu drängt, die offene Heimkostenrechnung zu begleichen? Wenn Sie bereits Hilfe zur Pflege beantragt haben oder dies zeitnah beabsichtigen, informieren Sie das Pflegeheim und bitten Sie um eine Stundung der Kosten, bis Sie den Bescheid vom Sozialamt bekommen haben.
Der Antrag sollte gestellt werden, wenn die Heimerforderlichkeit gegeben ist, die bedürftige Person ins Heim kommt und die offenen Kosten mit den eigenen vorhandenen Mitteln (Einkommen und Vermögen) nicht gedeckt werden können.
! Wichtig: Der Antrag kann erst abschließend bearbeitet werden, wenn er vollständig mit allen erforderlichen Unterlagen beim Sozialamt vorliegt und die Heimaufnahme tatsächlich stattgefunden hat.
Eine Kostenübernahme erfolgt ab Antragsstellung, wenn alle rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Zu früh sollte der Antrag aber nicht gestellt werden. Bei einem vorhandenen Vermögen von über 20.000 - 30.000 Euro würde sich das Sozialamt als nicht zuständig ansehen und den Antrag ablehnen. Es besteht dann auch noch kein zu deckender Bedarf.
Liegt das Vermögen hingegen nur etwas über der Schonvermögensgrenze, wie in dem Fallbeispiel von Frau R. aus Bocholt mit einem Sparvermögen von 15.000 Euro, wäre dies ein angemessener Zeitpunkt für die Antragsstellung bzw. Erstberatung beim Sozialamt. Auch kann der Antrag immer gestellt werden, sobald die Schongrenze erreicht oder unterschritten ist.
+Tipp: Unter Umständen kann ein Teil des Vermögens über die Schonvermögensgrenze hinaus geschützt werden, zum Beispiel bis zu 5.000 Euro für eine Sterbeversicherung.
Ihnen steht immer eine individuelle Beratung beim Sozialamt zu. In der Beratung wird geschaut, was sich alles schützen lässt. Und ob Ansprüche auf andere Unterstützungsleistungen wie Wohngeld, Pflegewohngeld oder Nachteilsausgleiche wegen Schwerbehinderung bestehen, die vorrangig genutzt werden müssen. Bei jedem Antrag werden stets die individuellen Lebensumstände betrachtet und geprüft, ob eine Bedarfslage vorliegt.